Semiotik

Semiotik

Als Semiotik wird die Wissenschaft bezeichnet, die sich mit Zeichensystemen aller Art beschäftigt. Bei diesen Zeichensystemen kann es sich beispielsweise um Sprachen, Bilderschriften, Gesten, Formeln oder auch Verkehrszeichen handeln. Die Semiotik versteht sich als allgemeine Theorie über das Wesen, die Entstehung und den Gebrauch von Zeichen.

Sie findet in verschiedenen Bereichen der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften Anwendung. Außerdem ist die Semiotik eine Teildisziplin in der Wissenschaftstheorie, der Erkenntnistheorie, der Sprachphilosophie und der Sprachwissenschaft.

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Die Geschichte der Semiotik

von der Antike bis zum 19. Jahrhundert

Debatten über den Forschungsgegenstand der Semiotik werden bereits seit der Antike geführt und semiotische Untersuchungen sind schon bei den Philosophen vor Sokrates, den Sophisten und bei Platon zu finden. Ein erstes System der Semiotik in Form einer Zusammenfassung mit Erweiterungen geht auf Aristoteles zurück. In seinen logischen und rhetorischen Schriften versteht er Zeichen als eine Dreiecksbeziehung zwischen dem Wort als eigentliches Zeichen, dem durch das Wort bezeichneten Gegenstand und einer Vorstellung in der Seele.

So ruft nach Aristoteles ein Wort, das jemand hört oder liest, eine bestimmte Vorstellung bei dieser Person und damit ein Abbild von dem bezeichneten Gegenstand hervor.

Dabei misst Aristoteles mündlichen Zeichen, also gesprochenen Worten, ein höheres Gewicht bei als geschriebenen Zeichen, denn seiner Auffassung nach sind Schriftzeichen letztlich nichts anderes als in Form von Zeichen dargestellte gesprochene Worte. Gleichzeitig ordnet Aristoteles die Semiotik dem Bereich der Logik zu.

In der Medizin der Antike wird der Begriff Semiotik für die Wissenschaft der Symptome und der Diagnostik verwendet. Die Stoiker beschäftigen sich ebenfalls mit der Lehre von Zeichen und deren Bedeutungen. So führt beispielsweise Diogenes von Babylon aus, dass der Mensch durch seinen Körper in der Lage sei, sich zu äußern, während seine Vernunft ihm ermögliche, sich auszudrücken und seiner Rede eine Bedeutung zu geben.

Dadurch unterscheide sich die menschliche Äußerung von tierischen Lauten, die lediglich instinktiv hervorgebrachte Luft seien. Auch die epikureischen Philosophen, Anhänger der parallelen Philosophieschule zur Stoa, untersuchten die Zeichen, ihre Bedeutungen und ihre Verhältnisse zueinander unter verschiedenen Gesichtspunkten.

In der Scholastik, der wissenschaftlichen Denkweise und Methode der Beweisführung, spielte die Semiotik im Bereich der Logik eine wichtige Rolle. So führt beispielsweise Petrus Hispanus in seiner Zeichenlehre aus, dass das menschliche Gehör Laute wahrnimmt und dabei zwischen Geräuschen, die keine Stimmen sind, und Stimmen als von Lebewesen hervorgebrachte Laute unterscheidet.

Anders als die unartikulierbaren Stimmen können artikulierbare Stimmen auch geschrieben werden, wobei artikulierbare Stimmen sowohl sinnvoll als auch sinnlos sein können. Dabei können sinnvolle Stimmen eine konventionelle Bedeutung oder eine natürliche Bedeutung haben. Ein Beispiel für die natürliche Bedeutung ist das Weinen eines Kindes. Konventionelle Stimmen sind entweder zusammengesetzt und bestehen damit aus Sätzen oder sie sind unzusammengesetzt aus einzelnen Wörtern mit allgemeinen oder individuellen Bedeutungen.

Die Lehren zur Semiotik wurden weitergeführt und die Theorien auch in der Neuzeit weiterhin diskutiert. Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand der Begriff Semiotik dann für die Zeichenkunde, die ihrerseits als Hilfswissenschaft der Diplomatik, der Lehre über Urkunden, gesehen wurde. Außerdem blieb die Verwendung als medizinischer Fachbegriff erhalten.

Die Semiotik ab dem 20. Jahrhundert

Zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin entwickelte sich die Semiotik erst ab 1900. Als Begründer der Semiotik nach heutigem Verständnis gilt Charles Sanders Peirce, der mit seinen Studien das Fundament für die wissenschaftliche Disziplin legte. In Peirces Nachfolge nahm Charles William Morris ebenfalls prägenden Einfluss. Er entwickelte eine auf dem Behaviorismus basierende Zeichentheorie, die zwischen der Syntaktik, der Semantik und der Pragmatik unterscheidet.

Diesen Theorien und Methoden stehen die Ansätze der strukturalistischen Linguistik und Philosophie gegenüber. Die bedeutendsten Vertreter in diesem Zusammenhang sind Ferdinand de Saussure, Roland Barthes, Roman Jakobson und Louis Hjelmsley.

Die Zeichentheorien der strukturalistischen Linguisten und Philosophen legen zweiseitige, dreistellige und vierstellige Modelle zugrunde. Zweiseitige Modelle sehen in einem Zeichen die Einheit aus der Zeichenform und der Bedeutung, also aus der Art, wie ein Zeichen ausgedrückt wird, und dem Inhalt des Zeichens. Dreistellige Modelle stellen einen Bezug zum sogenannten Interpretanten her.

Ähnlich wie bei Aristoteles ist ein Zeichen nach diesem Verständnis eine Dreiecksbeziehung aus dem eigentlichen Zeichen als Ausdrucksmittel, dem Objekt, das durch das Zeichen beschrieben wird, und dem Interpretanten, der das Zeichen in das jeweilige System oder den Kontext überträgt und im Sinne einer Verständnishilfe übersetzt. Vierstellige Modelle erweitern das Zeichen als Einheit um einen begriffshistorischen oder systematisch Bezug zur Realität, der über die Bedeutung des Zeichens als solches hinausgeht.

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