Warum die korrekte Rechtschreibung gelernt werden muss

Warum die korrekte Rechtschreibung gelernt werden muss  

Vokabeln und Grammatikregeln zu lernen, wäre ja eigentlich schon umfangreich genug. Doch dazu kommt dann auch noch die Rechtschreibung. Warum am mitunter mühsamen Büffeln von Rechtschreibregeln trotz allem kein Weg vorbeiführt, erklärt dieser Beitrag.

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Die einen können die ganze Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen. Zum Deutschlernen gehört es nun einmal dazu, auch die Rechtschreibung zu üben. Generationen von Schülern haben die Regeln der deutschen Rechtschreibung verinnerlicht und ihr Können in unzähligen Diktaten, Aufsätzen und Deutscharbeiten unter Beweis gestellt. Die anderen würden die ganze Rechtschreibung am liebsten abschaffen.

Die Regeln sind kompliziert, es gibt viel zu viele Ausnahmen von den Regeln und seit der Rechtschreibreform kann ohnehin jeder schreiben, was und wie er will. – Wirklich neu sind solche Diskussionen nicht. Gelehrte und Experten streiten schon seit Jahrhunderten über das Thema.

Und Einigkeit gibt es dabei nur in einem Punkt: Eine einheitliche Rechtschreibung muss sein.

 

Mönche bemühen sich um eine einheitliche Rechtschreibung

In deutscher Sprache wird seit rund 1.200 Jahren geschrieben. Eine einheitliche Rechtschreibung gab es jedoch sehr lange nicht. Tatsächlich wurde erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine einigermaßen einheitliche Rechtschreibung eingeführt. Die Ersten, die sich mit der Frage nach der Rechtschreibung beschäftigten, waren die Mönche.

In den Klöstern war Latein die eigentliche Schriftsprache. Als die Mönche dann versuchten, auch auf Deutsch zu schreiben, stellten sie fest, dass die Rechtschreibung für das Verständnis eine große Rolle spielt. Aber wie könnte eine neue, einheitliche Rechtschreibung aussehen? Ein paar schlaue Mönche lösten das Problem, indem sie das lateinische Alphabet ins Deutsche übertrugen. Doch diese Form der Rechtschreibung funktionierte nur bedingt.

Denn für einige Laute, die im Deutschen gesprochen werden, gab es im lateinischen Alphabet keine Buchstaben. Für andere Laute wiederum, beispielweise das c, das k und q, standen gleich mehrere Buchstaben zur Auswahl.   

 

Viele Gründe sprechen für eine einheitliche Rechtschreibung

Die Frage, wie eine einheitliche Rechtschreibung aussehen könnte, ließ sich zwar nicht so einfach beantworten. Aber die Mönche, die Gelehrten und die Leser konnten gute Gründe nennen, warum eine einheitliche Rechtschreibung sein muss. Und verglichen mit heute, waren die Argumente damals gar nicht so viel anders:

·         Während Latein die Sprache der Gelehrten war, wurde die uneinheitliche deutsche Schriftsprache als barbarisch empfunden. Eine einheitliche Schreibweise sollte ihr zu mehr Ansehen verhelfen und ihren Ruf verbessern.

·         Die vielen verschiedenen Schreibweisen der Wörter und Ausdrücke führten dazu, dass die Leser die Texte nicht verstanden.

·         Die Drucker mussten die Texte ständig neu setzen, um so den Rechtschreibregeln zu folgen, die der jeweilige Auftraggeber vorgab. Dadurch sahen die Texte aber immer wieder anders aus. Dies wiederum machte es sehr schwer, das Lesen und das Schreiben überhaupt zu lernen.

·         In den Schulen konnte die Schriftsprache kaum gelehrt werden, weil es keine Rechtschreibregeln gab, die überall galten.

Je mehr Menschen lernten, zu schreiben und zu lesen, desto größer wurde die Problematik mit der Rechtschreibung. Übrigens ist es bis heute so, dass es keinen guten Eindruck macht, wenn ein Brief oder ein Text voller Rechtschreibfehler ist.

 

1901 werden verbindliche Rechtschreibregeln eingeführt

1872 traten die deutschen Länder zu einer Schulkonferenz zusammen. Das Ziel, die deutsche Rechtschreibung zu vereinheitlichen, wurde damals jedoch nicht erreicht. Die Teilnehmer waren sich zwar darin einig, dass klare, verbindliche Rechtschreibregeln wichtig sind. Doch die vielen Forderungen und die zahlreichen Bedenken verhinderten, dass die Teilnehmer auf einen gemeinsamen Nenner kamen.

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Erst knapp 30 Jahre später sollte ein Durchbruch gelingen. Ein Mann namens Konrad Duden hatte die Schulkonferenz aufmerksam verfolgt. Nachdem keine Lösung gefunden worden war, machte sich Duden an die Arbeit und entwickelte eine einheitliche Schreibweise mit logischen Rechtschreibregeln.

Als die Konferenz dann viele Jahre später ein weiteres Mal zusammentrat, legte Duden sein Konzept vor. Die orthographische Konferenz akzeptierte Dudens Schreibweise und erklärte sie 1901 zur verbindlichen Rechtschreibung in allen deutschen Bundesländern. Österreich und die Schweiz schlossen sich ebenfalls an und führten diese Rechtschreibregeln ein.

 

1996 wird die Rechtschreibung neu geregelt

Dass der Beschluss aus dem Jahre 1901 fast 100 Jahre lang Bestand haben würde, konnte damals niemand ahnen. Nach wie vor gab es keinen Zweifel daran, dass eine einheitliche Rechtschreibung unumgänglich ist. Und mit der Einführung von Dudens Regeln zur Rechtschreibung waren Regelungen vorhanden, mit denen alle leben konnten. Deshalb wurde die deutsche Rechtschreibung zunächst nicht weiterentwickelt.

Es hab zwar in den folgenden Jahren und Jahrzehnten immer wieder Reformvorschläge. Durchsetzen konnte sich jedoch keiner davon. So wurde beispielsweise heftig über eine gemäßigte Kleinschreibung diskutiert. Die Idee war, dass nur noch Satzanfänge, Eigennamen und Anredepronomen großgeschrieben und alle anderen Wörter kleingeschrieben werden sollten. Doch die Diskussionen über die Groß- und Kleinschreibung entwickelten sich zu einer ideologischen Debatte: Die Position zur Rechtschreibung wurde zum Ausdruck der politischen Gesinnung. 

Nach langen und zählen Verhandlungen, die über Jahrzehnte geführt wurden, einigte sich die Kommission schließlich auf angepasste Rechtschreibregeln, die die deutsche Rechtschreibung verbessern und vereinfachen sollten. Der Prozess machte jedoch deutlich, dass Änderungen der Rechtschreibung enge Grenzen gesetzt sind.

Es ist kaum möglich, die Rechtschreibregeln komplett neu aufzustellen. Stattdessen kann die Rechtschreibung letztlich nur an die Weiterentwicklungen der Sprache angepasst werden. Und selbst dann funktioniert die Anpassung nur, wenn sie in der Praxis von den Schreibenden und Lesenden mitgetragen wird. Die Rechtschreibreform, die 1996 die Regeln für die neue deutsche Rechtschreibung festgelegt hat, konnte deshalb nur in einigen wenigen Details zu einer Verbesserung und einer Erleichterung beitragen. Denn wer die deutsche Sprache neu lernte, musste nun eben diese Regeln lernen. Und wer bereits Deutsch konnte, musste umlernen.

 

Warum die korrekte Rechtschreibung gelernt werden muss

Tatsächlich stellt sich Frage, ob Rechtschreibregeln einfach, sinnvoll und nachvollziehbar sind, aber gar nicht. Denn es führt ohnehin kein Weg daran vorbei, die geltenden Regeln zu lernen und anzuwenden. Wenn jeder schreiben würde, wie er wollte, wären Texte irgendwann nicht mehr zu verstehen.

Und dafür gibt es zwei wesentliche Gründe. Der erste Grund ist, dass auf diese Weise ständig irgendwelche Buchstabengebilde auftauchen würden, die vermutlich nur sehr wenige Leser entschlüsseln könnten. Dies gilt umso mehr, wenn der Schreiber die Wörter so schreibt, wie er sie in seinem Dialekt ausspricht. Und der zweite Grund ist, dass sich der Sinn eines Textes meist erst und nur bei einer korrekten Rechtschreibung erschließt.

So macht es einen großen Unterschied, ob es “Süßigkeiten sollte man sich in Maßen gönnen” oder “Süßigkeiten sollte man sich in Massen gönnen” heißt. Während der erste Satz zu einem maßvollen und damit begrenzten Genuss auffordert, legt der zweite Satz nahe, dass Süßigkeiten massenweise, also in riesigen Mengen gegessen werden sollten.

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Ein anderes Beispiel ist der Satz “Wir essen, Kinder!”, der die Kinder zum Essen herbeiruft. Fällt hier das Komma aber weg und heißt es nur noch “Wir essen Kinder!”, erklärt der Satz, dass Kinder auf dem Speiseplan stehen. Die korrekte Rechtschreibung zu lernen, mag also mühselig sein. Zum Deutschlernen gehört es aber dazu.

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Marlies Giesa, Geboren 1968 , über viele Jahre im In- und Ausland Deutsch unterrichtet. Ich liebe die deutsche Sprache und möchte das Wissen gerne an Schüler, Ausländer, Studenten und Interessierten weitergeben. Ich hoffe meine Übungen und Anleitungen werden ihnen helfen oder sie unterstützen. Canel Gülcan, Studentin Lehramt Deutsch & Germanistik, Christian Gülcan als Betreiber der Webseite, verfasst auch diverse Artikel, da er als Online-Redakteur täglich mit der Erstellung von hilfreichen Content arbeitet für verschiedene Zielgruppen und lange Zeit auch aktiv in der Flüchtlingshilfe, sich um die Vermittlung von Deutschkursen kümmerte.

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