Deutschunterricht für Erwachsene – 10 Tipps, 1. Teil

Deutschunterricht für Erwachsene – 10 Tipps, 1. Teil

In jüngerer Vergangenheit sind es meist Flüchtlinge und Asylsuchende, die am Deutschunterricht für Erwachsene teilnehmen. Dazu kommen Schüler, die aus beruflichen, familiären oder anderen persönlichen Gründen nach Deutschland gekommen sind und nun die Sprache lernen wollen.

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Deutschunterricht

Nun gestaltet sich ein Unterricht für Erwachsene aber anders als Unterricht für Kinder. Denn während Kinder oft keine allzu großen Berührungsängste haben und sich recht schnell in einer fremden Sprache zurechtfinden, sind Erwachsene häufig schüchterner. Sie denken mehr nach, schämen sich mitunter ein bisschen und halten sich eher zurück, um keine Fehler zu machen.

Wichtig ist deshalb, einen Deutschunterricht für Erwachsene auch wirklich erwachsenengerecht zu gestalten.

In einem mehrteiligen Beitrag erklären wir anhand von 10 Tipps,
wie das gelingen kann:

 

Tipp Nr. 1: Für eine angenehme Atmosphäre sorgen.

Im Lernprozess spielen Emotionen generell eine große Rolle. Fühlt sich ein Schüler unwohl oder macht er seinem Empfinden nach trotz aller Bemühungen keine nennenswerten Fortschritte, stellt sich schnell Frust ein. Die Motivation für den Unterricht schwindet und irgendwann wird die Teilnahme am Kurs zur lästigen Pflichtübung.

Bei Erwachsenen, die in einem fremden Land erst noch richtig Fuß fassen müssen, ist die ganze Situation noch ein bisschen schwieriger. Die ungewisse Zukunft, finanzielle Sorgen, die Angst um die Familie und prägende Erlebnisse in der Heimat sind ein paar Beispiele für Faktoren, die psychisch belasten.

Für den Deutschlehrer bedeutet das, dass er ein gewisses Fingerspitzengefühl braucht. Damit sich die Lernenden auf den Deutschunterricht einlassen und auf die Lerninhalte konzentrieren können, sollte der Lehrer von Anfang an versuchen, ein angenehmes Klima zu schaffen.

Das gelingt, wenn der Lehrer

  • die Namen der Schüler möglichst schnell lernt und seine Schüler dann auch mit Namen anspricht.
  • seine Schüler dazu ermutigt, sich gegenseitig ebenfalls mit Namen anzusprechen. Das hilft, dass sich die Schüler als Teil einer Gruppe sehen und fühlen.
  • die Tische in U-Form anordnet. Auch das fördert den Lerneffekt als Gruppe.
  • die Schüler dazu ermutigt, sich gegenseitig zu helfen.
  • keinen Druck beim Lernen aufbaut, sondern mit Geduld unterrichtet und den Schülern die Zeit gibt, die sie eben brauchen, um ein Gefühl für die Sprache zu entwickeln.
  • die Freude am Umgang mit der deutschen Sprache fördert, indem er selbst gute Laune und eine positive Stimmung verbreitet.

Tipp Nr. 2: Die Schüler in den Mittelpunkt stellen.

Der Deutschunterricht wird für die Schüler macht. Sie sind diejenigen, die im Mittelpunkt stehen und um die sich alles dreht. Der Deutschlehrer unterrichtet nicht des Lehrens willen, sondern um seinen Schülern die deutsche Sprache näherzubringen. Was banal und völlig logisch klingt, erweist sich in der praktischen Umsetzung mitunter als ganz schön schwierig. Denn oft schreiben die Lehrpläne vor, was in der begrenzten Zeit durchgearbeitet sein muss.

Damit der Deutschunterricht die Schüler weiterbringt und ihnen zu den erhofften Lernerfolgen verhilft, sollte der Lehrer deshalb darauf achten, dass er die Lernenden nicht aus dem Blick verliert.

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Ganz praktisch bedeutet das:

  • Der Lehrer sollte sich vor Augen führen, was für seine Schüler im alltäglichen Leben von Bedeutung ist. So ist es für die Schüler zum Beispiel wichtiger, dass sie sich vorstellen oder nach dem Weg fragen können, als Verben in alle Zeitformen setzen können. Ebenso ist für die Lernenden die Kommunikation zunächst einmal von größerer Bedeutung als die geschriebene Sprache.
  • Nach Möglichkeit sollte der Lehrer die Lerninhalte auf die Situation seiner Schüler zuschneiden. Die Motivation, zu lernen und aktiv mitzumachen, ist größer, wenn die Schüler den Nutzen des Stoffs für sich erkennen.
  • Oft sind den Schülern Fachbegriffe aus der deutschen Grammatik nicht geläufig. Der Lehrer sollte daher auf unbekannte Begrifflichkeiten verzichten. Für die Schüler ist nicht so wichtig, dass sie ein Verb, ein Adjektiv oder eine grammatikalische Satzkonstruktion benennen können. Entscheidender ist, dass sie die Wörter richtig verwenden und sinnvolle Sätze bilden können.
  • Natürlich sollte der Lehrer erzählen und erklären. Aber seine Redezeit sollte sich mit der Redezeit seiner Schüler ungefähr die Waage halten. Außerdem sollte der Lehrer darauf achten, dass seine Schüler nicht nur mit ihm, sondern auch miteinander sprechen.
  • Dass sich der Lehrer die Zeit nehmen sollte, um auf individuelle Fragen einzugehen, versteht sich von selbst.

Tipp Nr. 3: Die Schüler zum aktiven Mitmachen anregen.

Klassischer Unterricht basiert stark darauf, dass der Lehrer erklärt und die Schüler zuhören. Untersuchungen und Studien haben aber gezeigt, dass die Lernenden den Stoff viel besser erfassen können, wenn sie ihn hören und sehen. Können die Schüler die Inhalte auch praktisch anwenden, prägen sie sich noch besser ein.

Der Deutschlehrer sollte seine Schüler daher aktiv am Unterricht beteiligen.

Dafür bieten sich folgende Möglichkeiten:

  • Der Lehrer sollte seine Schüler immer wieder dazu auffordern, zu sprechen.
  • Möglichst nach jeder Lerneinheit sollte eine Phase folgen, in der die Schüler den Stoff aktiv anwenden.
  • Rollenspiele, Paaraufgaben und Gruppenarbeit helfen nicht nur dabei, die Lerninhalte aufzuarbeiten. Sondern sie lockern den Unterricht auch auf unterhaltsame und spielerische Weise auf.

Tipp Nr. 4: Den Deutschunterricht abwechslungsreich und realitätsnah gestalten.

Für Menschen, die erst vor kurzem nach Deutschland gekommen sind, ist zunächst noch vieles neu und fremd. Klare Abläufe und Strukturen, die sich regelmäßig wiederholen, vermitteln dann Sicherheit und Vertrautheit. Auf der anderen Seite hält eine gewisse Abwechslung die Neugierde hoch und fördert so die Motivation.

Der Deutschlehrer sollte deshalb versuchen, eine gute Mischung aus vertrauten Abläufen und Abwechslung zu finden.

Das ist wie folgt möglich:

  • Der Lehrer sollte mit unterschiedlichen Unterrichtsformen arbeiten. So kann er mal ganz klassisch vor der Klasse unterrichten. In anderen Phasen kann er Kleingruppen Aufgaben lösen lassen, Spiele mit seinen Schülern spielen oder ihnen Einzelaufgaben, die jeder still für sich bearbeitet, zuweisen.
  • Um die Inhalte zu veranschaulichen, sollte der Lehrer mit Medien aus dem alltäglichen Leben arbeiten. Das können zum Beispiel Stadtpläne, Wohnungs- und Stellenanzeigen aus der Zeitung, Formulare oder auch Werbeprospekte von Supermärkten sein.
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Marlies Giesa, Geboren 1968 , über viele Jahre im In- und Ausland Deutsch unterrichtet. Ich liebe die deutsche Sprache und möchte das Wissen gerne an Schüler, Ausländer, Studenten und Interessierten weitergeben. Ich hoffe meine Übungen und Anleitungen werden ihnen helfen oder sie unterstützen. Canel Gülcan, Studentin Lehramt Deutsch & Germanistik, Christian Gülcan als Betreiber der Webseite, verfasst auch diverse Artikel, da er als Online-Redakteur täglich mit der Erstellung von hilfreichen Content arbeitet für verschiedene Zielgruppen und lange Zeit auch aktiv in der Flüchtlingshilfe, sich um die Vermittlung von Deutschkursen kümmerte.

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