Warum Diktate nur bedingt geeignet sind, die Rechtschreibung zu lernen

Warum Diktate nur bedingt geeignet sind, die Rechtschreibung zu lernen

Beim Lernen einer Sprache ist neben dem Wortschatz und der Grammatik auch die Rechtschreibung ein wichtiger Aspekt. Und um die Schriftsprache zu üben, sind das Lesen und das Schreiben probate Mittel. Kein Wunder also, dass Lehrer gerne empfehlen, Schüler sollten jeden Tag einen kurzen Artikel in der Zeitung oder einen Text in einem Buch lesen und sich anschließend von ihren Eltern diktieren lassen.

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Warum Diktate nur bedingt geeignet sind, die Rechtschreibung zu lernen

Diese kleine Übung nimmt nur wenig Zeit in Anspruch, trainiert aber das Lesen, das Hörverständnis und die Rechtschreibung.

Tatsächlich sind Diktate ein echter Klassiker im Deutschunterricht. Generationen von Schülern haben durch Diktate unter Beweis gestellt, ob sie fehlerfreie Texte abliefern können. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass Diktate in Wahrheit nur bedingt geeignet sind, die Rechtschreibung zu lernen.

Warum das so ist und wie es besser geht, erklären wir in diesem Beitrag:

Warum sind Diktate problematisch?

Das Prinzip von Diktaten ist einfach und logisch: Jemand liest einen Text vor und der Schüler schreibt ihn auf. Anschließend kann überprüft werden, ob der Schüler das Diktierte richtig verstanden und in korrekter Rechtschreibung notiert hat.

Allerdings zeigt sich vor allem im Klassenzimmer, dass dieses simple Konzept nicht immer aufgeht. So gibt es Lehrer, die undeutlicher sprechen oder schneller diktieren, als es die Kinder vom Üben daheim mit ihren Eltern gewohnt sind.

Andere Lehrer sind so leise, dass sie kaum gegen den Lärmpegel in der Klasse ankommen oder die Schüler in den hinteren Reihen nur die Hälfte verstehen.

Auch was die Benotung angeht, kommt oft eine subjektive Komponente zum Tragen. Während der eine Lehrer sehr streng und wirklich jeden noch so kleinen Fehler einzeln bewertet, legt der andere Lehrer den Fehlermaßstab deutlich lockerer an.

Manchmal wird es als Fehler gewertet, wenn der Schüler ein Satzzeichen vergessen hat, obwohl es im Diktat ausschließlich um die Rechtschreibung ging. Auch der Umgang mit Schriften, die der Lehrer nicht lesen kann, ist verschieden.

All das kann dazu führen, dass ein Schüler für denselben Text zwei unterschiedliche Noten bekommen würde, wenn ihn zwei verschiedene Lehrer bewerten.

In der Praxis stellte sich außerdem heraus, dass Schüler bei Diktaten ganz anders schreiben als bei freien Texten. Rechtschreibfehler, die sie in einem Diktat machen, unterlaufen ihnen bei einem Aufsatz so nicht.

Es hat also durchaus seine Gründe, dass die Bildungsministerien einiger Bundesländer Diktate inzwischen aus dem Lehrplan der Grundschulen genommen haben.

Was spricht gegen Diktate als Lernmittel für die Rechtschreibung?

Zweifelsohne haben Diktate auch ihre guten Seiten. Doch was die Lernerfolge und das motivierte Üben angeht, gibt es eben auch ein paar Gründe, die ganz klar gegen Diktate sprechen.

Ein Punkt dabei ist, dass es Schüler oft langweilt, Diktate zu schreiben. Es macht wenig Spaß, einfach nur zu notieren, was ein anderer vorliest. Die Motivation, schon wieder Diktate zu üben, hält sich dadurch oft in Grenzen.

Ein anderer Punkt ist, dass Diktate den Fokus auf die Fehler legen. Sie orientieren sich nicht daran, was der Schüler richtig gemacht hat, sondern stellen in den Mittelpunkt, was er falsch geschrieben hat. Das kann frustrieren. Hinzu kommt, dass der Schüler letztlich kaum etwas dazulernt.

Denn er bekommt den korrigierten Text zurück. So sieht er zwar, wie viele und welche Fehler er gemacht hat. Doch das Diktat wird dann meist abgehakt und weggelegt. Ob sich dadurch ein Lerneffekt einstellt und der Schüler die Fehler beim nächsten Mal nicht mehr wiederholt, ist fraglich.

Der wichtigste Grund ist aber, dass sich Diktate nur bedingt eignen, um die Rechtschreibung zu lernen. Denn Rechtschreibkenntnisse setzen voraus, dass der Schüler die Regeln kennt, die dahinterstehen.

Wenn er nicht weiß, wie und warum ein Wort so geschrieben wird, kann er die korrekte Rechtschreibung nicht anwenden. Insofern sind Diktate gut geeignet, um den Wissensstand zu überprüfen. Aber eben nicht, um die Rechtschreibung als solche zu lernen.

Wie geht es besser?

Es gibt eine Vielzahl von Methoden, um die Rechtschreibregeln zu erlernen, sich einzuprägen und zu üben. Von Schreibübungen über viel Lesen bis hin zu Wortspielen ist alles möglich. Diktate sollten dann erst im zweiten Schritt folgen, wenn der Schüler die Rechtschreibregeln schon gut beherrscht und sicher anwenden kann.

Beim Diktat selbst ist das sogenannte Stopp-Diktat eine sinnvolle Alternative. Bei dieser Variante wird das Diktat sofort unterbrochen, sobald der Schüler ein Wort falsch geschrieben hat.

Dann berichtigt der Schüler dieses Wort direkt und nennt auch gleich die dazugehörige Rechtschreibregel. Auf diese Weise übt er schon beim Schreiben, die Rechtschreibregeln anzuwenden.

Eine andere Möglichkeit ist, dass der Schüler seinen Text selbst korrigiert. Dafür wird das Diktat zunächst ganz normal geschrieben. Der Lehrer oder die Eltern schauen den Text anschließend durch und sagen dem Schüler, wie viele Fehler vorhanden sind.

Dann setzt sich der Schüler selbst noch einmal mit seinem Text auseinander, indem er nach den Fehlern sucht und sie korrigiert. Dadurch ist der Lerneffekt deutlich größer, als wenn der Schüler den bereits fertig korrigierten Text zurückerhält.

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Marlies Giesa, Geboren 1968 , über viele Jahre im In- und Ausland Deutsch unterrichtet. Ich liebe die deutsche Sprache und möchte das Wissen gerne an Schüler, Ausländer, Studenten und Interessierten weitergeben. Ich hoffe meine Übungen und Anleitungen werden ihnen helfen oder sie unterstützen. Canel Gülcan, Studentin Lehramt Deutsch & Germanistik, Christian Gülcan als Betreiber der Webseite, verfasst auch diverse Artikel, da er als Online-Redakteur täglich mit der Erstellung von hilfreichen Content arbeitet für verschiedene Zielgruppen und lange Zeit auch aktiv in der Flüchtlingshilfe, sich um die Vermittlung von Deutschkursen kümmerte.

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