Literaturwissenschaft
Wie die Bezeichnung bereits andeutet, handelt es sich bei der Literaturwissenschaft um die Wissenschaft, die sich mit Literatur beschäftigt. Dabei beinhaltet die Literaturwissenschaft verschiedene Teildisziplinen wie unter anderem die Literaturgeschichte, die Literaturinterpretation, die Literaturkritik, die Literaturtheorie oder die Editionsphilologie.
Letztere kümmert sich um das Sichten und Erschließen von historischen und literarischen Quellen als Grundlage für die Forschung der Geisteswissenschaften.
Inhalt
- 1 Definieren und erforschen: Ziele und Methoden der Literaturwissenschaft
- 2 Die Entwicklung der Literaturwissenschaft als akademische Disziplin
- 3 Meisterwerke der Literatur:
- 4
- 5 Die Gliederung der Literaturwissenschaft heute
- 6 Kulturelle und soziale Perspektiven in der Literatur: Ein Blick hinter die Kulissen der Gesellschaft
- 7 Literaturwissenschaft im akademischen Kontext: Wo Worte zu Wissen werden
- 8 Literaturkritik heute: Die Kunst der modernen Analyse
- 9 Anwendung in anderen Bereichen: Wenn Worte auf Leinwand und Bildschirm überspringen
- 10 Zitate von Literaturwissenschaftlern und Autoren, die die Essenz der Literaturwissenschaft einfangen:
Definieren und erforschen: Ziele und Methoden der Literaturwissenschaft
Die Literaturwissenschaft ist das Bindeglied zwischen den Künstlern und ihren Werken und ermöglicht es uns, die Absichten und Emotionen, die in den Texten zum Ausdruck kommen, zu entschlüsseln.
Ihr Hauptanliegen ist es, den tieferen Sinn literarischer Werke zu ergründen. Sie ordnet diese in ihren kulturellen, historischen und sozialen Kontext ein. Es ist kein flüchtiges Durchblättern, sondern ein genaues Analysieren, das sich wie ein feines Gewebe über die Linien legt.
Stichworte als Schlüssel zur Enthüllung
Die Erzähltechniken, jene subtilen Strukturen, die das Gerüst einer Geschichte bilden, sind eine der Hauptattraktionen der literaturwissenschaftlichen Forschung.
Hier wird jede Nuance einer Erzählung freigelegt, sei es die raffinierte Ironie eines Autors oder die dramatische Spannung, die den Leser in ihren Bann zieht.
Immer wiederkehrende Motive wie das ewige Spiel von Licht und Finsternis, Liebe und Verlust werden in ihrer symbolischen Tiefe ausgelotet. Die verschiedenen Genres, vom epischen Abenteuer bis zur intimen Charakterstudie, geben Einblick in die Vielfalt menschlicher Erfahrungen.
Die Kunst der literarischen Analyse: ein Blick hinter die Kulissen
In der literaturwissenschaftlichen Analyse werden die Fäden der Erzählung entwirrt und die Farben der Bedeutung entfaltet. Sie betrachten nicht nur, was an der Oberfläche steht, sondern tauchen in die Schichten ein, die das Gewebe der Texte bilden.
Metaphern werden entschlüsselt, um tiefer liegende Wahrheiten zu enthüllen, und die stilistischen Entscheidungen eines Autors werden als Formen des künstlerischen Ausdrucks enthüllt.
Und doch ist die Interpretation vielschichtig, denn jede Leserin und jeder Leser bringt eine eigene Perspektive in den Dialog zwischen dem Autor und seinem Werk ein.
Spiegel der Zeit und Fenster zur Ewigkeit
Nicht nur die Werke selbst, sondern auch die Zeit, in der sie entstanden sind, werden durch die Literaturwissenschaft verständlich. Sie reflektiert die kulturellen und gesellschaftlichen Strömungen, die das Schreiben beeinflussten, sei es die Romantik des 19. Jahrhunderts oder der Aufbruch in die Moderne.
Bei diesen Texten handelt es sich nicht nur um historische Artefakte, sondern auch um zeitlose Fenster in die Ewigkeit, die uns helfen, unsere eigenen Erfahrungen und Emotionen zu reflektieren.
Die Entwicklung der Literaturwissenschaft als akademische Disziplin
Historisch gesehen ist die Literaturwissenschaft das Ergebnis mehrerer universitärer und außeruniversitärer Entwicklungen. Neben der Rhetorik beschränkte sich die universitäre Auseinandereinsetzung bis in 18. Jahrhundert hinein auf die Poesie.
Im Mittelpunkt standen dabei die Poetologie, die Lehre der Dichtkunst, und das Diskutieren der Regeln, die nach Aristoteles und seinen Nachfolgern für Werke in den verschiedenen Gattungen der Poesie galten.
Besprochen wurde dabei in Wesentlichen lateinische Dichtung, während die deutschsprachige und die aktuelle Poesie an den Universitäten kaum Beachtung fanden.
Dem Roman als Nicht-Bestandteil der Poesie wurde außerhalb der Universitäten und hier vor allem im Zusammenhang mit der Romanproduktion als solcher Aufmerksamkeit geschenkt.
So fügten die Autoren Vorworte und Kapiteleinleitungen in ihre Werke ein, die über die Geschichte des Romans berichten und zu Diskussionen über die Qualitäten dieser Gattung anregen sollten.
Ein Meilenstein hierbei wurde das „Tractat über den Ursprung der Romane“ von Pierre Daniel Huet, das 1670 als Vorrede in Madame de Lafayettes „Zayde“ erschien und heute zu den Fundamenten der Literaturgeschichtsschreibung gehört.
Huet, seines Zeichens Bischof, Gelehrter und geschult in der Textinterpretation, machte den Vorschlag, Romane und Poesie als fiktive Werke im Kontext ihrer jeweiligen kulturellen Hintergründe zu interpretieren. Die Fachwissenschaften lehnten diesen Vorstoß jedoch ab und blieben bis weit ins 18. Jahrhundert hinein bei einer disqualifizierenden Romankritik.
Gleichzeitig entwickelte sich die Literaturwissenschaft im 17. und 18. Jahrhundert zur Wissenschaft der wissenschaftlichen Publikationen. Hintergrund hierfür war, dass das Wort Literatur seinerzeit für die Wissenschaften als solche oder auch als Synonym für Gelehrsamkeit verwendet wurde.
Die Aufgabe der Literaturwissenschaft bestand deshalb in erster Linie darin, große Wissenschaftsbibliographien herauszugeben. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gewannen dann Fachbibliographien zunehmend an Bedeutung, was zulasten der allgemeinen Übersichten über die Literatur ging.
Die Literaturwissenschaft und die Literaturgeschichte blieben als Projekt aber trotzdem erhalten, denn sie hatten sich zunächst für Diskussionen über Romane und später auch über die Poesie geöffnet.
Im 19. Jahrhundert erlebte die Literaturwissenschaft einen prägenden Wandel. So wurde der Begriff Literatur neu definiert, indem nun alle sprachlichen Kunstwerke einer Nation zur Literatur gezählt wurden.
In der Folge wandelte sich die Literaturwissenschaft in eine Arbeit mit politischer Färbung. Experten der Rechtswissenschaften, die mit mittelalterlichen deutschen Rechtsquellen vertraut waren, waren diejenigen, die unter dem Fachbegriff der Germanistik mit der Sicherung der Nationalliteratur beauftragt wurden.
Diese neudefinierte Form der Literaturwissenschaft führte dazu, dass deutsche und französische Wissenschaftler Mitte des 19. Jahrhunderts europaweit literaturgeschichtliche Vorgehensweisen prägten.
Meisterwerke der Literatur:
- William Shakespeare – „Romeo und Julia“ (1597)
- Homer – „Die Ilias“ (8. Jahrhundert v. Chr.)
- Jane Austen – „Stolz und Vorurteil“ (1813)
- Leo Tolstoi – „Krieg und Frieden“ (1869)
- F. Scott Fitzgerald – „Der große Gatsby“ (1925)
- George Orwell – „1984“ (1949)
- Mary Shelley – „Frankenstein“ (1818)
- Miguel de Cervantes – „Don Quijote“ (1605)
- Charles Dickens – „Eine Weihnachtsgeschichte“ (1843)
- Hermann Hesse – „Der Steppenwolf“ (1927)
- Gabriel García Márquez – „Hundert Jahre Einsamkeit“ (1967)
- Harper Lee – „Wer die Nachtigall stört“ (1960)
- J.R.R. Tolkien – „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ (1954)
- Mark Twain – „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ (1884)
- Virginia Woolf – „Mrs. Dalloway“ (1925)
- Fyodor Dostojewski – „Verbrechen und Strafe“ (1866)
- Albert Camus – „Der Fremde“ (1942)
- Franz Kafka – „Die Verwandlung“ (1915)
- Emily Brontë – „Sturmhöhe“ (1847)
- Gabriel Garcia Márquez – „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ (1985)
- Victor Hugo – „Les Misérables“ (1862)
- Toni Morrison – „Gott, hilf dem Kind“ (2015)
- Ray Bradbury – „Fahrenheit 451“ (1953)
- Aldous Huxley – „Schöne neue Welt“ (1932)
- J.D. Salinger – „Der Fänger im Roggen“ (1951)
- H.G. Wells – „Die Zeitmaschine“ (1895)
- Isabel Allende – „Das Geisterhaus“ (1982)
- Jules Verne – „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ (1864)
- Chinua Achebe – „Things Fall Apart“ (1958)
- Gustave Flaubert – „Madame Bovary“ (1857)
Die Gliederung der Literaturwissenschaft heute
Die moderne Literaturwissenschaft gliedert sich in vier Teilfächer:
1. Die ältere Deutsche Literaturwissenschaft, die früher Alte Abteilung oder Altgermanistik genannt wurde und heute auch als Mediävistik bezeichnet wird, befasst sich mit der deutschen Literatur vom Frühmittelalter bis zur Neuzeit. Dieser Teilbereich deckt somit den Zeitraum ab etwa 750 bis zum 16. Jahrhundert ab.
Die Hauptaufgabe der älteren Deutschen Literaturwissenschaft besteht in der Analyse von mittel- und althochdeutschen Texten.
Dabei untersucht sie die Texte einerseits systematisch anhand von Kriterien wie der Gattung, der Form, dem Thema und den Motiven und andererseits historisch nach Epochen und Autoren.
2. Die neuere Deutsche Literaturwissenschaft erarbeitet Theorien und Methoden, durch die literarische und nichtliterarische deutschsprachige Texte ab dem 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart untersucht und gedeutet werden können. Die entwickelten Theorien und Methoden wendet sie dann auch an.
Außerdem erforscht die Neuere Deutsche Literatur literarische Epochen und ihre historischen Wandel sowie das Verhältnis zwischen literarischen Strukturen und den Bedingungen, unter den die Literatur produziert, festgehalten und verbreitet wurde.
Neben der Mediävistik und der Sprachwissenschaft ist die Neuere Deutsche Literatur die dritte akademische Disziplin im Studienfach Germanistik.
Das Neu oder genauer Neuere in der Bezeichnung des Teilbereiches bezieht sich übrigens auf die Literatur, ist also im Sinne von neuzeitlich gemeint. Durch das Deutsch wiederum soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die deutsche Sprache und somit die deutschsprachige Literatur das Objekt der Studien ist.
3. Die vergleichende Literaturwissenschaft heißt auch Komparatistik. Sie nutzt die Methode des Vergleichs, um die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der Literaturen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zu erforschen.
4. Die Literaturwissenschaft in der Fremdsprachenphilologie beschäftigt sich mit der Literatur der jeweiligen Sprache. Analog zur Germanistik gibt es hier beispielsweise die Anglistik, die Amerikanistik, die Orientalistik, die Romanistik oder die Skandinavistik.
Kulturelle und soziale Perspektiven in der Literatur: Ein Blick hinter die Kulissen der Gesellschaft
Die Literatur ist seit jeher ein starker Spiegel der Gesellschaft, in dem sich die sozialen und kulturellen Strömungen einer Epoche widerspiegeln. Während die Worte über die Seiten zu fließen scheinen, verbergen sich dahinter subtile Verweise auf die komplexen Netzwerke von Beziehungen und Werten, die in einer Gesellschaft verwoben sind.
In vielen Werken dient die Literatur als kraftvoller Spiegel, der gesellschaftliche Veränderungen und Dynamiken reflektiert.
Ob es sich um die gesellschaftlichen Umwälzungen der industriellen Revolution oder die sozialen Spannungen der Moderne handelt, Autoren sind oft in der Lage, die Ängste, Hoffnungen und Herausforderungen ihrer Zeit widerzuspiegeln.
Charles Dickens‘ „Oliver Twist“ zum Beispiel enthüllt die erschütternde Realität der industriellen Ausbeutung und beleuchtet gleichzeitig den Zusammenhalt der Gemeinschaft inmitten des Elends.
Ein weiteres faszinierendes Element literarischer Werke ist die Darstellung von Geschlechterrollen und Identität. Die literarische Welt ist ein Ort, an dem gesellschaftliche Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit erforscht und häufig in Frage gestellt werden.
Werke wie Virginia Woolfs „Mrs. Dalloway“ zeigen die inneren Konflikte und die Komplexität weiblicher Charaktere, die mit den Beschränkungen ihrer Zeit kämpfen.
Dies ermöglicht es dem Leser, die Veränderungen im Denken und in der Wahrnehmung der Geschlechterrollen im Laufe der Jahrhunderte nachzuvollziehen.
In der postkolonialen Literatur hingegen stehen der Schmerz und die Widerstandskraft der vom Kolonialismus betroffenen Gesellschaften im Mittelpunkt.
Autoren wie Chinua Achebe in „Things Fall Apart“ oder Arundhati Roy in „The God of Small Things“ enthüllen die Auswirkungen kolonialer Herrschaft auf Identität, Kultur und Beziehungen.
Diese Werke geben uns einen Einblick in die Stimmen derer, die lange Zeit am Rande der literarischen Welt standen.
Literaturwissenschaft im akademischen Kontext: Wo Worte zu Wissen werden
Innerhalb der Mauern von Universitäten und Bildungsstätten blüht die Literaturwissenschaft als diszipliniertes Forschungsgebiet. Studierende begeben sich auf eine Reise durch Klassiker und zeitgenössische Werke, analysieren den subtilen Tanz der Worte und entdecken die feinen Fäden, die das erzählerische Gewebe zusammenhalten.
Das Studium der Literaturwissenschaft bietet einen facettenreichen Überblick über die Epochen, die Gattungen und die kulturellen Einflüsse. Von der viktorianischen Literatur bis zur postmodernen Lyrik wird die Entwicklung von Sprache und Ausdruck verfolgt.
Die Forschungsfelder erkunden nicht nur das Geschriebene, sondern auch die gesellschaftspolitischen Kontexte, die es geformt haben.
Literaturkritik heute: Die Kunst der modernen Analyse
Literaturwissenschaft ist aber mehr als eine Abfolge von Vorlesungen. Moderne Literaturkritiker sind leidenschaftliche Interpreten im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Sie zerpflücken nicht nur Worte, sondern enträtseln die tiefen Verästelungen von Bedeutung und Bedeutungslosigkeit.
Im Zeitalter der Digitalisierung haben sich die Werkzeuge der Literaturkritik verändert. Kritikerinnen und Kritiker wühlen sich nicht mehr nur durch Seiten, sondern spüren den Herzschlag von Blogs, Posts in sozialen Netzwerken und der Online-Kommunikation.
Sie erforschen, wie Sprache die moderne Kultur prägt, wie sie Identität formt und wie sie Veränderungen reflektiert.
Anwendung in anderen Bereichen: Wenn Worte auf Leinwand und Bildschirm überspringen
Die Wirkung der Literaturwissenschaft beschränkt sich jedoch nicht auf den Elfenbeinturm der Akademie. Sie reicht bis in die Welt des Films, der Werbung und sogar der Psychologie.
Die Erkenntnisse über Erzählstrukturen und Charakterentwicklung beeinflussen die Filmindustrie. Das Verständnis rhetorischer Strategien wird in der Werbung genutzt, um Botschaften zu formulieren, die in den Köpfen der Menschen ankommen.
In der Psychologie trägt die Literaturwissenschaft zur Interpretation menschlichen Verhaltens bei. Texte werden zu Spiegeln, in denen sich individuelle und kollektive Ängste, Träume und Hoffnungen spiegeln.
Auch in der Rechtswissenschaft können narrative Analysen helfen, komplexe Fälle zu verstehen und darzustellen.
Zitate von Literaturwissenschaftlern und Autoren, die die Essenz der Literaturwissenschaft einfangen:
- „Literaturwissenschaft ist die Entdeckung von Schätzen, die bereits in unseren Köpfen existieren, aber erst durch die Auseinandersetzung mit Texten ans Licht gebracht werden.“ – Northrop Frye
- „Literatur ist die Flamme, die die Dunkelheit erhellt und die Vielschichtigkeit der menschlichen Erfahrung offenbart.“ – Chinua Achebe
- „Durch Literatur können wir nicht nur die Geschichten anderer Menschen hören, sondern auch unsere eigenen Geschichten besser verstehen.“ – Jhumpa Lahiri
- „Die Literaturwissenschaft öffnet Türen zu Welten, die wir niemals betreten könnten, und enthüllt die Geheimnisse der menschlichen Seele.“ – Harold Bloom
- „Worte sind nicht nur Buchstaben auf dem Papier, sondern die Essenz von Gedanken, Emotionen und der menschlichen Verbindung.“ – Elif Shafak
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